„Wüstenstadt“ von Dietlind Frieling – Monatsgedicht März
Keine Oliven oder Zitronen, kein Meer. Dietlind Frieling malt ein anderes Bild vom Süden. Sie lässt Hitze aufsteigen, reibt die Wörter in Alliteration und Stilfigur aneinander. Neun Zeilen, die es in sich haben und – Favorit für März wurden: Herzlichen Glückwunsch!.
wüstenstadt
wo der wind
weiß weht die luft
aber die luft
rot brennt
wo ich schlafe die
augen alle
alle augen offen weit weit
weiter ich
suche dich© Dietlind Frieling
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Ulrike Budde, in vielfältiger Weise engagiert für Wort und Bild, fällte die Entscheidung und begründet sie so:
In einer unwirtlichen, fast lebensfeindlichen Umgebung beharrt ein Mensch auf der Suche nach einem anderen Menschen. Süden ist hier eine Wüstenlandschaft, in der das Ich schläft, und trotz – oder angesichts – der offenen Augen ringsum die Suche fortsetzen muss. Die Dopplungen – luft alle augen weit – fokussieren die Leserin auf das Wesentliche: das Atmen, das Schauen, die Perspektive. Die äußere Landschaft spiegelt die innere, es entsteht ein starkes Bild für eine tief empfundene Einsamkeit, die allerdings nicht als ausweglos hingenommen wird: Das Du existiert irgendwo, die fortgesetzte Suche verbindet und hält das Ich am Leben.
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Klar, zielgerichtet, zugleich offen für Neues, für Spiel auch und ausgestattet mit einer guten Portion Humor – so habe ich Dietlind Frieling im Lauf unsrer Zusammenarbeit kennengelernt. Diese Eigenschaften bringt sie auch in ihrer Kurzvita zum Ausdruck:
Geboren 1959. Lebt in Hamburg mit Kindern, Mann, Kater, Hund, Garten, Wind, Stift und Papier. Vormittags Prosa und Lyrik, nachmittags Backoffice, abends Feuer, Familie, Freunde. Reist furchtbar gern und viel zu selten.
Nachtrag: Inzwischen hat Dietlind Frieling Gedichte in „Tentakel“ 2/2010 und 3/2010 veröffentlicht.
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Thema der neuen Runde sind „Spiegelbilder“. Beim Monatsgedicht April übernimmt Ursula Haeusgen, die Gründerin des Lyrik Kabinett München, die Jury.