Die Liebe als Thema des Monatsgedichts im Oktober | Klaus Roth gewinnt
.© madartists / dreamstime
Liebesgedichte, so lautete die Herausforderung für ein Monatsgedicht im Oktober. Das Bild der „absinthgrüne(n) träume“, das Klaus Roth gleich in der ersten Zeile setzt, wirkte schon beim internen Austausch der am Projekt teilnehmenden Dichterinnen und Dichter als starker Magnet. Schnell ließen sie sich davon in den Text ziehen. Dass das Gedicht bis zum Schluss hält, was es mit diesem Einstieg verspricht, lesen Sie im Urteil von Sarah Ines Struck, der Jurorin dieser Monatsgedicht-Runde.
das schweigen
absinthgrüne träume
in deinen augen
wenn die nacht
auf den nägeln brennt
und unter die haut dringt
wenn niedere minne sich ankündigt
und das schweigen vibriert
wenn wir auf hautfühlung gehen
zwischen achselhöhle nabel kleinem zeh
und den schlüssel finden
zum herzschlag des begehrens© Klaus Roth
Die Liebe als Poesie der Sinne – Klaus Roth überzeugt durch seine klare Bildsprache
Die Lektorin und Verlegerin Sarah Ines Struck, selbst Autorin und in dieser Rolle auch mit Lyrik intensiv befasst, sieht vor allem in der Bildsprache die Stärke des neuen Favoriten.
„Liebe ist die Poesie der Sinne“, soll der französische Schriftsteller Honoré de Balzac einmal gesagt haben. Mein Favorit aus den Einsendungen für die Monatsgedichte Oktober 2011 zum Thema Liebesgedichte, das Gedicht „das schweigen“, tanzt auf genau diesem Grat und Dreiklang. Eine Poesie der Liebe hat immer auch einen sinnlichen Aspekt, der nicht zwingend sexuell sein muss, immer aber emotional.
Im Siegergedicht für Oktober wird eine Liebesminiatur in elf Zeilen erzählt. Mit Mitteln der Synästhesie projiziert der Dichter sinnliche Eindrücke in den Kopf der Leser – „absinthgrüne träume in deinen augen“ – und lässt fühlen, was das lyrische Ich fühlt, „wenn wir auf hautfühlung gehen / zwischen achselhöhle nabel kleinem zeh“.
Zugleich wird jedoch die körperliche und geistige Ebene konterkariert. Schließlich ist die Liebe immer mehr als „niedere minne“. Wo „das schweigen vibriert“, bleiben Fragen offen. Und wenn die Liebenden auf „hautfühlung gehen“, finden sie schließlich „den schlüssel […] zum herzschlag des begehrens“.
Schlicht und doch bildhaft ist die Sprache dieser Liebesgeschichte in Versen, eine klassische Ästhetik bemüht sie nicht, und doch findet sich in ihr Form jenseits von Metren und Reimschemen, durch versteckte Alliterationen zwischen den Zeilen beispielsweise, vor allem aber durch eine Folge klarer schlichter Bilder, die den Grenzgang der Liebe spiegeln.
Autor und Künstler zugleich – der Gewinner des Monatsgedichts im Oktober 2011
Bei vielen Autorinnen und Autoren der Monatsgedichte kenne ich nur den Namen und die Mail-Adresse. So bin ich bei mir unbekannten Gewinnern immer selbst gespannt, wer hinter dem Gedicht steckt. Klaus Roth belohnt solche Neugier mit einladender Website und Bildergalerie. Auch dort gibt es einige Favoriten zu entdecken! Die Adressen für dieses Vergnügen finden Sie am Ende der Vita.
Klaus Roth, 1957 geboren, lebt in München, übersetzt Kunst- und Theaterbücher, schreibt Lyrik, Kurzprosa und Essays, malt Horizonte und Köpfe, fotografiert die Ränder des Alltags.
Zahlreiche Bild- und Textbeiträge in Anthologien sowie in Kultur- und Literaturzeitschriften.
Auszeichnungen und Stipendien: Diploma di Merito / Premio „Città di Napoli“ (Accademia Internazionale Partenopea Federico II), Neapel 2011. Teilnahme an der Autorenwerkstatt im Lyrik-Kabinett München, 2005/2006.Genießen Sie die Autorenseite von Klaus Roth, unbedingt auch seine Galerie!
Weitere Monatsgedichte lesen Sie hier: