Geborgen im poetischen Haus. Trauer um Monika Kafka

Kategorien: Autorinnen & Autoren,Projekt Monatsgedichte — Tags: — Michaela Didyk

Monika Kafka (1960 - 2014), LyrikerinMonika Kafka (1960 – 2014) | © Thom Kafka

schlüsselworte heißt Monika Kafkas Blog. In ihrem „poetischen Haus“, wie sie ihren Blog gerne nannte, schuf sie Raum für Begegnung. Sie trat in Dialog mit ihren Lesern, tauschte sich aus mit Dichterkolleg/innen.

Mit ihren dort veröffentlichten Texten lenkt Monika Kafka den Blick auf äußere wie innere Landschaften. Sie schreibt von Liebe, nennt ihre Gedichte Inspirations- und Gedankenlyrik und lässt dazwischen auch Kurzprosa und Tagebuchnotizen einfließen. Man spürt, wie die Lyrikerin den Leitsatz von Eva Strittmatter, den sie bei ihrem letzten Monatsgedicht-Sieg zitiert hat, verwirklicht:
„Abgetrennt vom Subjekt des Dichters gibt es für mich keine Poesie. […] ich muß Leben fühlen und einen Menschen sehen.“ (Eva Strittmatter: Poesie und andere Nebendinge. Aufbau Verlag/ Berlin)

Monika Kafka und ihre Begeisterung für das lyrische Wort

Der aktive Austausch, nicht nur im Blog, wird vielen nun fehlen – und doch: Monika ist in jedem Gedicht präsent, man spürt Weite, man spürt ihre Hingabe an die Sprache, ihre Begeisterung für das lyrische Wort.

Als ich Monika erstmals 2010 – die Jury hatte ihr gerade das Lyrik-Stipendium zugesprochen – in einem Münchner Café traf, wussten wir, dass wir eine feste gemeinsame Arbeitsbasis haben: Rose Ausländer, Hilde Domin und immer wieder Paul Celan waren unsere „schlüsselworte“, die auch den Qualitätsanspruch besiegelten.

Monika schrieb und las viel. Sie feilte an ihren Gedichten, selbst wenn es oft nur noch kleine Unebenheiten sein mochten. Sie hatte einen klaren Blick für ihren Weg. Ihr ging es nicht um Veröffentlichung um jeden Preis. Sie wählte sorgfältig ihre Publikationsmöglichkeiten, und ich erinnere mich noch, als sie mir von ihrem Erfolg bei „entwürfe“ erzählte: die große Freude und zugleich Bestätigung, dass es sich lohnt, der inneren Stimme zu folgen und dem eigenen poetischen Wort und Anspruch treu zu sein.

Monikas Debütband „im grüngefädelten licht“ ist inzwischen vergriffen und wird nicht mehr aufgelegt. Ein weiteres Buch mit neuen Gedichten ist jedoch geplant. Vielleicht ist auch das Gedicht dabei, das Monika Kafka Mitte März noch im Monatsgedichte-Blog gepostet hat:

akazienkind

zuweilen seh ich dich
auf der rückseite des sommers
spielst du vater mutter kind

kochst traumsuppe in blechgeschirr
erfindest wünschelsprachen

dein lachen wohnt im weiß-
gefiederten geäst, darin
baut dir der wind ein wolkenschloss
lässt blüten für dich schneien

du trägst sie heim voll zuversicht
in deiner kinderhand
und manchmal

manchmal schmuggelst du
mir eine durch die nacht
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© Monika Kafka / mit freundlicher Genehmigung von Thom Kafka

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In der aktuellen Ausgabe der Kaskaden (Frühjahr 2014, Nr. 3) und des Dichtungsring (Nr. 43) sind ebenfalls noch letzte Gedichte von Monika Kafka erschienen.

Ein Leitmotiv von Eva Strittmatter

Die Nachricht von Monika Kafkas Tod erreichte mich im Urlaub. Es war ein Schock. Ich hatte, von ihr angeregt, den schon oben genannten Band Eva Strittmatters als Lektüre dabei. Es fiel mir schwer, darin weiterzulesen. Gerade bei unserem letzten Telefonat war diese Lieblingsdichterin Monikas auch im Mittelpunkt gestanden. Vom Wundern, vom Wunder der Worte spricht Strittmatter in ihrem Essay. Für mich ist es gerade die folgende Passage, die auch auf Monika Kafka und ihre schlüsselworte zutrifft:

„Die Wissenschaft wird nie erraten, wie Wortkristall zusammenschießt  …
Dieses Geheimnis von Poesie, von Kunst überhaupt, hat etwas Faszinierendes. Es fasziniert […], wenn ich spüre, daß mir gelungen ist, Leben in Poesie zu verwandeln“.
(Eva Strittmatter, Band s.o.)

Zu Monika Kafkas Blog schlüsselworte und ihren beiden Monatsgedichten „der reine ton / thomaskirche, leipzig“ und „Kreidespuren in der Dunkelheit“


Nachtrag: Monika Kafkas Gedichte sind inzwischen in dem von Thom Kafka posthum herausgegebenen Sammelband – ebenfalls unter dem Titel „Schlüsselworte“ – erschienen.